Rinko Kawauchi

„Halo“

Ein warmer, süßlicher Sandelholzduft umweht mich, sobald ich die Fotografien der japanischen Fotografin Rinko Kawauchi betrachte – herangetragen von einem sanften Windhauch aus der Ferne. Im Diesseits finden wir die Spuren des Alltags, hier finden die Dinge statt – im Hier und Jetzt – nicht später und auch nicht an einem anderen Tag. Der Shintoismus, die Ur-Religion Japans, gibt der Natur, ihren Elementen und ihren Göttern Raum.

“Auf einem kleinen Stern in einer Galaxie, erfüllen noch kleinere Kreaturen weiterhin ihre Rollen. Alles unter dem Licht der Sonne; Alles unter Einhaltung eines fragilen Gleichgewichts, wie ein Spaziergang auf dünnem Eis; Alles suchend nach Schönheit, wie im Gebet; Alles geschützt, durch die unzähligen Überlappungen der jeweiligen Gefilde.”

Rinko Kawauchi

In der aktuellen Ausstellung “Halo” in der Christophe Guye Galerie in Zürich zeigt Rinko Kawauchi vielfarbene Naturerscheinungen und führt uns damit ein in ein Land, das in den letzten Jahren nur allzuoft den Fokus auf Naturkatastrophen und landschaftliche Desaster legen musste. Ein Japan, dass sich aber trotz alledem immer wieder mit einer unglaublichen Kraft und Ausdauer neu erfindet.

Himmel und Meer, Luft und Vögel, Morgengrauen und Abendlicht, Wassertropfen und brennende Funken, davon erzählt Kawauchi in ihrer existenziellen visuellen Sprache und fügt poetisch in ihren Fotografien diese Elemente zusammen. Elegant entblättert sie Farbtöne, die sich charmant auf den vielen, ans Ufer schwappenden Wellen spiegeln. Sie schenkt uns das säuselnde Rauschen des Meeres – dahinter die untergehende (oder aufgehende) Sonne. Kawauchi zelebriert die Natur. So, wie viele Japaner der Hast und Enge der Städte entfliehen und Zufluchtsort die prosperierende Natur mit ihren Felsen, Schluchten, Wasserfällen und blühenden Gärten ist und die Natur der Seele wieder Stille schenkt, so entschleunigt Rinko Kawauchi die Zeit und bremst für uns die tagtägliche Bilderflut.

Nach einem starken Regenschauer mischt der Wind Regen mit Zimt und Sandelholz, Vogelschwärme kreisen am Horizont und der Blick schweift weiter in die Ferne: Leere und Fülle, Schönheit und Spiritualität, all das vereint Rinko Kawauchi in Einfachheit und Transzendenz.

 

Nadine Ethner / Juni 2017


© all images by Rinko Kawauchi / Christophe Guye Galerie Zürich, Rinko Kawauchi „Halo“, Exhibition from April 21 until August 18, 2017